Zwei Prinzipien nachhaltiger komplexer Systeme:
– Austauschbarkeit aller Einzelteile
– Größtmögliche Kompatibilität mit zukünftigen Entwicklungen
Gott erschuf die Welt in sieben Tagen.
Er nahm die Dämmerung und teilte damit die Zeit in Tag und Nacht. Er nahm den Horizont und teilte damit den Raum in Himmel und Meer. Dann teilte er das Meer und die Kontinente entstanden. Diese waren bald bevölkert mit Pflanzen, Tieren und Menschen, nach Prinzipien, die Gott eigen waren.
Ein Wald beispielsweise lebt lange. Um das zu erreichen besteht er aus einzelnen Teilen, deren wichtigste Eigenschaft darin besteht, dass sie gerade nicht lange leben. Die Vergänglich jedes Einzelnen ist Voraussetzung für die Langlebigkeit des Gesamten. Ein Wald ist ein rekursiv dynamisches System.
Der Vorteil neben der Langlebigkeit ist eine hohe Anpassungsfähigkeit. Die Bäume wachsen nicht einfach nach, sie wachsen angepasst nach. Der Wald ändert beispielsweise sein Mischungsverhältnis an Nadel- und Laubbäumen. Er reagiert auf klimatische Veränderungen ebenso wie auf das Auftauschen neuer Schädlinge und anderer Populationen. Wird es kälter oder trockener, werden die Blätter, die für die Verdunstung zuständig sind, kleiner.
Daraus ergeben sich die beiden oben genannten Prinzipien für nachhaltige komplexe Systeme.
Zum Beispiel ein Gebäude
Sehen wir ein Gebäude als Baum, dann wird es erschaffen und vergeht. Jedes Haus hat so etwas wie ein Haltbarkeitsdatum, eine Mindestlebensdauer. Die Summe aller Gebäude (und der Infrastrukturelemente Straße, Telekommunikation, Ver- und Entsorgung etc., für die die folgenden Gedanken ebenso Gültigkeit haben) ergibt die Kommune, das Gesamte, den Wald.
Wie können wir einen Schritt weiter kommen, z.B. aus der Sicht eines Architekten? Indem wir das Haus nicht als Baum, sondern als Wald denken. Seine Einzelteile sind wie die Bäume, eher kurzlebig und austauschbar: Fundament, Wände, Dach, Fenster, Infrastruktur etc..
Konstruieren wir alles austauschbar, z.B. das Fundament nach einhundert Jahren, das Dach nach vierzig Jahren, Dachziegel alle zwanzig Jahre etc., dann könnte das gesamte Haus ewig stehen – zumindest sehr lange. Alle Elemente würden nicht nur regelmäßig erneuert werden im Sinne von Austausch. Sie würden auf dem jeweils aktuellen technischen Stand erneuert werden.
Bei der Konstruktion des nachhaltigen Gebäudes ist also nicht nur darauf zu achten, dass alle teile austauschbar sind (Prinzip 1). Es ist notwendig, mögliche technische Entwicklungen implementierbar zu machen, ohne diese in der Gegenwart schon zu kennen (Prinzip 2). Als würden wir eine Tür offen halten, die groß genug sein soll. Wir wissen nur noch nicht was fünfzig oder einhundert Jahre später durch diese hindurch passen muss.
Beispielsweise ist davon auszugehen, dass das Prinzip der Kesselheizung nach nunmehr 150 Jahren technisch ausgereift ist und bald durch völlig andere Systeme ersetzt wird. Auch Lampen wird es wohl bald nicht mehr geben. Neue Technologien sind im „nachhaltig-dynamischen Haus“ einfacher einsetzbar, als in klassischen Konstruktionen.
Die oben beschriebenen Gedanken sind auf andere Systeme übertragbar, beispielsweise Automobile. Auch soziale- und wirtschaftliche Zusammenhänge können hieran ausgerichtet werden, beispielsweise Projekte, Veranstaltungsreihen und Unternehmen.
Ich grüße das göttlich in Euch.
Euer Keyvi